Privatinsolvenz beantragen

Privatinsolvenz beantragen – so geht’s

Für überschuldete Personen stellt die Privatinsolvenz oft die letzte Möglichkeit dar, sich aus der Schuldenfalle zu befreien. Nach maximal drei Jahren endet das Verfahren mit der Restschuldbefreiung.

Wer überhaupt eine Privatinsolvenz anmelden darf und was es beim Antrag zu beachten gilt, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Privatinsolvenz anmelden: Voraussetzungen

Die Privatinsolvenz, eigentlich Verbraucherinsolvenz, steht laut Insolvenzordnung ausschließlich natürlichen Personen offen. Juristische Personen und Selbstständige müssen die Regelinsolvenz durchlaufen.

Ehemalige Selbstständige dürfen Privatinsolvenz beantragen, sofern sie weniger als 20 Gläubiger haben, die Vermögensverhältnisse überschaubar sind und die Schulden nicht aus früheren Arbeitsverhältnissen stammen (§ 304 InsO).

Auch Privatpersonen müssen noch einige weitere Voraussetzungen erfüllen, bevor sie die Privatinsolvenz beantragen dürfen:

  • Es muss ein Insolvenzgrund vorliegen, der Schuldner muss also entweder zahlungsunfähig oder von Zahlungsunfähigkeit bedroht sein. Die Höhe der Schulden ist dagegen irrelevant.
  • Vor dem Insolvenzantrag muss ein außergerichtlicher Einigungsversuch erfolgen (§ 305 InsO): Schuldner müssen den Gläubigern einen Schuldenbereinigungsplan vorlegen. Lehnt einer der Gläubiger den diesen ab, gilt der außergerichtliche Einigungsversuch als gescheitert. Das Scheitern ist vor Gericht durch eine entsprechende Bescheinigung zu belegen, die wir Ihnen ggf. ausstellen können.

Ablauf einer Privatinsolvenz

Sind alle Voraussetzungen erfüllt, können Sie einen Antrag auf Privatinsolvenz stellen. Dafür wenden Sie sich an das Amtsgericht Ihres Wohnbezirks. Dort erhalten Sie auch die nötigen Antragsformulare.

Das Antragsformular müssen Sie vollständig und wahrheitsgemäß ausfüllen. Dabei kann Ihnen eine anerkannte Schuldnerberatung oder ein Fachanwalt für Insolvenzrecht behilflich sein.

Die Insolvenzordnung gibt vor, welche weiteren Unterlagen Sie einreichen müssen (§ 305 InsO):

  • Antrag auf Restschuldbefreiung
  • Bescheinigung über das Scheitern der außergerichtlichen Einigung gemäß § 305 InsO
  • Vermögensübersicht, Vermögensverzeichnis und Gläubiger- und Forderungsverzeichnis
  • Schuldenbereinigungsplan

Weiterhin sind einzureichen:

  • Fragebogen zu Ihrer Person
  • Abtretungserklärung für den pfändbaren Teil Ihres Einkommens gemäß § 287 Abs. 2 Satz 2 InsO
  • Gegebenenfalls Antrag auf Bewilligung zur Kostenstundung

Info: Kostenstundung
Für das gerichtliche Insolvenzverfahren fallen Gebühren an. Zudem müssen Schuldner die Auslagen für den Insolvenzverwalter begleichen. Können Sie die Verfahrenskosten nicht sofort bezahlen – was bei vorliegender Ãœberschuldung anzunehmen ist – stellen Sie einen Antrag auf Verfahrenskostenstundung. In diesem Fall kommt zunächst die Staatskasse für die Kosten auf.

So geht es nach dem Insolvenzantrag weiter

Haben Sie Ihren Insolvenzantrag und alle benötigten Unterlagen eingereicht, dauert es in der Regel fünf bis sechs Wochen, bis das Amtsgericht das eigentliche Insolvenzverfahren eröffnet.

Befinden Sie sich in Privatinsolvenz, haben Insolvenzgläubiger alle bereits laufenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzustellen (§ 89 InsO). Für neue Gläubiger, deren Forderungen erst nach Eröffnung des Verfahrens entstanden sind, gilt dieses Vollstreckungsverbot nicht.

Eventuelle Pfändungen sind aber wenig erfolgversprechend, da sie den pfändbaren Teil Ihres Einkommens während des Insolvenzverfahrens an einen Insolvenzverwalter abführen (siehe Pfändungstabelle). Der wiederum teilt die pfändbare Summe auf die Insolvenzgläubiger auf.

Erfolgreiche Schuldenregulierung – Alternativen zur Privatinsolvenz

Die Privatinsolvenz ist in der Regel die letzte Option zur Schuldensanierung. Bevor Sie diesen Schritt wagen, stehen noch einige andere Möglichkeiten offen, um der Schuldenfalle zu entkommen. Als Königsweg der Schuldensanierung gilt der außergerichtliche Schuldenvergleich – der nach § 305 InsO auch Voraussetzung für den Insolvenzantrag ist.

Beim außergerichtlichen Schuldenvergleich handeln Sie bzw. wir mit Ihren Gläubigern entweder eine Ratenzahlung oder die Einmalzahlung einer Teilsumme aus.

Der außergerichtliche Schuldenvergleich bietet Vorteile für Schuldner und Gläubiger: Gläubiger erhalten durch den Vergleich zwar nur einen Teil ihrer Forderungen erstattet. Meldet ein zahlungsunfähiger Schuldner mit Einkommen unter der Pfändungsfreigrenze Privatinsolvenz an, gehen Gläubiger aber komplett leer aus.

Schuldner sparen sich das drei Jahre dauernde Insolvenzverfahren und die damit verbundenen Verfahrenskosten.

Geldsorgen? Zahlungsunfähig?

ENDLICH RAUS AUS DEN SCHULDEN!

Machen Sie den ersten Schritt in eine Zukunft ohne Schulden und vereinbaren Sie – völlig unverbindlich – eine telefonische Erstberatung.

FAQ

Was sind die Vorteile und Nachteile einer Privatinsolvenz?

Vorteile:
– Restschuldbefreiung nach maximal drei Jahren.
– Nach Insolvenzantrag besteht Pfändungsschutz.
– Sie müssen sich nicht mehr direkt mit Ihren Gläubigern auseinandersetzen.
– Das Existenzminimum wird durch die gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen gesichert.

Nachteile:
– Sie müssen Ihre Finanzen offenlegen.
РEinkommen und Verm̦gen stehen unter gerichtlicher Verwaltung.
– Sie müssen dem Insolvenzverwalter jede Änderung Ihrer Lebensumstände mitteilen.
– Sie müssen sich um ein sicheres Einkommen bemühen.
– Gewisse Schulden sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen, etwa Bußgelder und Forderungen aus unerlaubten Handlungen.
РDas Insolvenzverfahren wird ver̦ffentlicht (Insolvenzbekanntmachungen).

Was kostet es, eine Privatinsolvenz anzumelden?

Die Kosten der Privatinsolvenz richten sich nach der Insolvenzmasse. Die Mindestgebühren liegen bei etwa 2.000 Euro.

Kann ein Gläubiger eine Privatinsolvenz beantragen?

Ja, auch ein Gläubiger darf die Privatinsolvenz für einen Schuldner beantragen. In der Praxis stellen zum Beispiel das Finanzamt oder Krankenkassen solche Gläubigeranträge.

Wer darf keine Privatinsolvenz beantragen?

Selbstständige und juristische Personen dürfen keine Privatinsolvenz beantragen, sondern müssen das Regelinsolvenzverfahren durchlaufen.

Was brauche ich, um Privatinsolvenz anzumelden?

Sie benötigen den Insolvenzantrag, den Antrag auf Restschuldbefreiung, die Bescheinigung über das Scheitern der außergerichtlichen Einigung, eine Vermögensübersicht, das Vermögensverzeichnis, das Gläubiger- und Forderungsverzeichnis und einen Schuldenbereinigungsplan (§ 305 InsO). Weiterhin sind ein Personalfragebogen und die Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 Satz 2 InsO einzureichen sowie bei Bedarf ein Antrag auf Verfahrenskostenstundung.

Wo kann ich eine Privatinsolvenz beantragen?

Der Antrag auf Privatinsolvenz ist beim örtlichen Amtsgericht zu stellen.

Wann sollte man Privatinsolvenz anmelden?

Privatinsolvenz sollten Sie anmelden, wenn Sie entweder zahlungsunfähig oder von Zahlungsunfähigkeit bedroht sind, das heißt, Ihre Lebenshaltungskosten nicht mehr aus Ihrem Einkommen und Vermögen decken können. Vor Antragstellung müssen Sie aber versuchen, einen außergerichtlichen Schuldenvergleich mit Ihren Gläubigern zu erwirken (§ 305 InsO).

Wie hoch ist der Freibetrag bei Privatinsolvenz?

Der Freibetrag berechnet sich nach der Anzahl der unterhaltspflichtigen Personen. Der Grundfreibetrag liegt aktuell bei 1.402,28 Euro im Monat (Stand: Juli 2023).

Kann ein Hartz 4-Empfänger Privatinsolvenz beantragen?

Ja, alle natürlichen Personen dürfen Privatinsolvenz beantragen, unabhängig davon, ob sie ein Einkommen beziehen.

Wann kann ich eine zweite Privatinsolvenz beantragen?

Wurde das Insolvenzverfahren vor dem 01.10.2020 eröffnet, sieht die Insolvenzordnung bei erfolgreicher Restschuldbefreiung eine Sperrfrist von zehn Jahren vor (§ 287a Abs. 2 InsO). Für Verfahren, die später eröffnet wurden, müssen Schuldner nach erfolgreicher Restschuldbefreiung elf Jahre warten, bis sie eine zweite Privatinsolvenz beantragen dürfen (§ 287s Abs. 2 Satz 1 InsO).

 

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

Nach oben scrollen