Lohnpfändung - die wichtigsten Informationen für Schuldner

Lohnpfändung – die wichtigsten Informationen für Schuldner

Wenn Sie Ihre Schulden nicht zahlen, können Gläubiger eine Zwangsvollstreckung einleiten. Zu den Vollstreckungsmaßnahmen gehört unter anderem die Lohnpfändung.

Wer eine Lohnpfändung beantragen darf, wie diese abläuft und welche Konsequenzen sie für den Arbeitnehmer hat, erfahren Sie hier.

Definition Lohnpfändung

Die Lohnpfändung ist eine Form der Zwangsvollstreckung. Gesetzliche Grundlage bildet die Zivilprozessordnung (ZPO). Demnach sind Gläubiger berechtigt, ihre Forderungen direkt beim Arbeitgeber des Schuldners einzutreiben (§§ 850 ff. ZPO). Der Arbeitgeber wird dabei zum sogenannten Drittschuldner des Gläubigers und muss den pfändbaren Betrag des Arbeitseinkommens abführen (§ 840 ZPO) .

Die Lohnpfändung oder Gehaltspfändung ist eine Alternative zur Kontopfändung. Einige Gläubiger strengen auch eine Doppelpfändung von Lohn und Konto an, um ihre Ansprüche sicher befriedigen zu lassen.

Wer darf eine Lohnpfändung beantragen und durchführen?

Bezahlen Sie Ihre Schulden auch nach Eingang von Mahnungen nicht, dürfen Gläubiger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen anstrengen. Eine Lohnpfändung kann von privatwirtschaftlichen Gläubigern und öffentlich-rechtlichen Einrichtungen und Behörden durchgeführt werden.

Der Unterschied: Private Gläubiger, wie etwa Handelsunternehmen, Versicherungen oder Vermieter, müssen zunächst einen vollstreckbaren Titel beim Amtsgericht erwirken. Öffentliche Gläubiger wie das Finanzamt dürfen selbst vollstrecken.

Der typische Ablauf einer Lohnpfändung

In der Praxis verläuft eine Lohnpfändung typischerweise wie folgt: Herr B. konnte die Beiträge für seine Hausratversicherung nicht mehr zahlen. Zwar hat er die Versicherung gekündigt, die offenen Forderungen belaufen sich aber auf mehrere Hundert Euro.

Die Versicherung erwirkt schließlich einen vollstreckbaren Titel. Mit diesem Titel und der Adresse von Herrn B.s Arbeitgeber beantragt das Unternehmen den Erlass des sogenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB). Nachdem das Gericht dem Antrag stattgegeben hat, beauftragt die Versicherung einen Gerichtsvollzieher, den Beschluss an Herrn B.s Arbeitgeber zuzustellen. Auch Herr B. wird über die Vollstreckungsmaßnahmen informiert.

Sobald Herr B.s Arbeitgeber den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erhalten hat, darf er Herrn B. nur noch die nicht pfändbaren Anteile seines Nettoeinkommens auszahlen.

Die Rolle des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber muss an der Lohnpfändung aktiv mitwirken. Innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Pfändungsbeschlusses hat er dem Gläubiger die sogenannte Drittschuldnererklärung zukommen zu lassen (§ 840 ZPO). Darin erklärt er, ob er zur Zahlung der Forderung bereit ist, ob noch andere Gläubiger Ansprüche angemeldet haben und ob weitere Pfändungen gegen den Arbeitnehmer vorliegen.

Weiterhin obliegt es dem Arbeitgeber, den pfändbaren Einkommensanteil auszurechnen. Bei Fragen zur Berechnung kann er sich an das zuständige Vollstreckungsgericht wenden.

Strengen mehrere Gläubiger eine Lohnpfändung an, gilt das Prioritätsprinzip: Zunächst ist der Gläubiger zu bedienen, dessen Pfändungsbeschluss zuerst beim Arbeitgeber eingegangen ist (§ 804 Abs. 3 ZPO).

Konsequenzen für den Arbeitnehmer

Eine gute Nachricht: Eine Lohnpfändung stellt in aller Regel keinen Kündigungsgrund dar. Eine Ausnahme besteht, wenn mehrere Lohnpfändungen vorliegen und diese einen so hohen Arbeitsaufwand verursachen, dass es zu schwerwiegenden Störungen des Betriebsablaufs kommt.

Für eine rechtskräftige Kündigung muss der Arbeitgeber diese Störungen jedoch eindeutig nachweisen. Einfacher ist eine Kündigung, wenn der verschuldete Arbeitnehmer eine besondere Vertrauensstellung im Unternehmen hat, insbesondere, wenn er auf das Vermögen des Unternehmens oder der Kunden zugreifen kann.

Anders als eine Kontopfändung führt die Lohnpfändung nicht zwangsläufig zu einem Schufa-Eintrag. Voraussetzung für den Negativ-Eintrag ist, dass die Gläubiger die Pfändung bei der Schufa melden.

Lohnpfändung – der Pfändungsfreibetrag nach Pfändungstabelle

Zur Existenzsicherung gesteht der Gesetzgeber verschuldeten Personen einen gewissen Pfändungsfreibetrag zu. Die Höhe der Pfändungsfreigrenzen ist der regelmäßig angepassten Pfändungstabelle zu entnehmen (§ 850c Abs. 2a ZPO). Der Grundfreibetrag liegt ab dem 1. Juli 2023 bei 1.402,28 Euro im Monat und erhöht sich mit jeder unterhaltspflichtigen Person. Nettoeinkommen über 4.298,81 Euro sind voll pfändbar.

Was bedeutet das für Herrn B. aus unserem Beispiel? Er ist verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder, ist also drei Personen gegenüber unterhaltspflichtig. Sein Nettoeinkommen liegt bei 2.700 Euro im Monat. Laut Pfändungstabelle sind damit pro Monat 54,58 Euro pfändbar. Herr B. erhält noch 2.655,42 Euro seines regulären Einkommens ausbezahlt.

Info: Den unpfändbaren Betrag heraufsetzen lassen
Reicht der unpfändbare Betrag nicht aus, um den Lebensunterhalt zu decken, können Schuldner beim Vollstreckungsgericht eine Heraufsetzung beantragen. Voraussetzung ist das Vorliegen besonderer privater oder beruflicher Gründe, etwa hohe Unterhaltspflichten, Mehrkosten wegen Krankheit oder extrem hohe Fahrtkosten (§ 850f ZPO).

Unpfändbare Einkommensbestandteile

Gewisse Bestandteile des Einkommens sind ganz oder teilweise von der Pfändung ausgeschlossen. Nicht der Lohnpfändung unterliegen beispielsweise:

  • Urlaubsgeld
  • Sonderzahlungen zu Betriebsjubiläen
  • Aufwandsentschädigungen
  • Spesen, Gefahrenzulagen, Schmutz- und Erschwerniszulagen, Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit
  • Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge von bis zu 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze
  • Beihilfen und Geschenke des Arbeitgebers
  • Studienbeihilfen
  • Erziehungsgeld
  • Blindenzulagen
  • Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- und Betriebsverhältnissen

Nur bedingt pfändbar sind Berufsunfähigkeitsrenten, Ansprüche aus Lebensversicherungen, Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen sowie Einkünfte aus Stiftungen und Fürsorgeeinrichtungen für Dritte.

Das durch Überstunden erzielte Einkommen darf nur zur Hälfte gepfändet werden. Weihnachtsgeld ist teilweise pfändbar, sofern es eine Mindesthöhe von aktuell 670 Euro übersteigt (§ 850a Nr. 4 ZPO).

Info: Pfändung von Unterhalt
Wird der Unterhalt gepfändet, können unterhaltspflichtige Personen unter Umständen Zahlungen aus den eigentlich unpfändbaren Einkommensanteilen beantragen. Schuldner erhalten daraufhin eine vom Gericht individuell festgelegte Summe zur Deckung des Lebensunterhalts.

Pfändung beim Arbeitgeber stoppen

Um eine Pfändung beim Arbeitgeber zu stoppen, haben Sie folgende Möglichkeiten:

  1. Sie begleichen die Schulden sofort.
  2. Sie handeln mit Ihren Gläubiger eine Ratenzahlung aus. In diesem Fall wird die Lohnpfändung ruhend gestellt. Zahlen Sie die Raten nicht pünktlich, läuft die Pfändung weiter.
  3. Beim Vorliegen einer unzumutbaren Härte können Sie vor Gericht die Aufhebung oder einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragen (§ 765a ZPO).

Lohnpfändung – was tun?

Gegen Sie liegt eine Lohnpfändung vor – wie verhalten Sie sich jetzt richtig? Am besten halten Sie sich an die folgenden Tipps:

  • Informieren Sie Ihren Arbeitgeber direkt bei Erhalt des Vollstreckungsbescheids über die bevorstehende Lohnpfändung. Signalisieren Sie, dass Sie trotz Schulden weiterhin bereit sind, vollen Einsatz am Arbeitsplatz zu erbringen.
  • Informieren Sie Ihren Arbeitgeber über alle bestehenden Unterhaltspflichten. Das ist wichtig, damit dieser eine vollständige Grundlage zur Berechnung des pfändbaren Einkommens hat.
  • Überprüfen Sie Ihre Lohnabrechnung, ob der Pfändungsfreibetrag korrekt berechnet wurde. Bei Unstimmigkeiten kann unter anderem der Personalrat weiterhelfen.
  • Schulden bei anderen Gläubigern sollten Sie nun nur noch im absoluten Ausnahmefall weiter bedienen, etwa wenn Sie eine Geldstrafe abbezahlen oder Mietschulden haben.

Generell gilt: Haben Sie anhaltende finanzielle Probleme, suchen Sie professionelle Unterstützung durch eine anerkannte Schuldnerberatung. Die Berater helfen Ihnen dabei, einen Überblick über Ihre Schulden zu gewinnen und nehmen Kontakt zu den Gläubigern auf.

In vielen Fällen lässt sich ein außergerichtlicher Vergleich erwirken und Sie können Ihre Schulden durch eine Teilzahlung begleichen. Ist dies nicht möglich, besteht noch die Option der Privatinsolvenz mit Restschuldbefreiung nach drei Jahren.

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FAQ Lohnpfändung

Was ist eine Lohnpfändung?

Eine Lohnpfändung ist eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme, bei der die Gläubiger ihre Forderungen direkt beim Arbeitgeber des Schuldners eintreiben.

Wann kann der Lohn gepfändet werden?

Der Lohn kann gepfändet werden, wenn Gläubiger einen vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner erwirken und beim Vollstreckungsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) beantragen.

Wer kann eine Lohnpfändung beantragen?

Grundsätzlich darf jeder Gläubiger eine Lohnpfändung beantragen. Öffentliche Gläubiger wie das Finanzamt dürfen Forderungen selbst vollstrecken.

Steht die Lohnpfändung auf der Lohnabrechnung?

Ja, die Berechnung des pfändbaren Betrags geht aus der Lohnabrechnung hervor.

Wer erfährt von einer Lohnpfändung?

Von der Lohnpfändung erfahren der Arbeitgeber und, sofern die Gläubiger die Zwangsvollstreckung melden, auch die Schufa.

Wie läuft eine Lohnpfändung ab?

Privatwirtschaftliche Gläubiger erwirken zunächst einen vollstreckbaren Titel und dann den sogenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Öffentliche Gläubiger dürfen den Pfändungsbeschluss selbst verschicken. Dieser wird dem Arbeitgeber zugestellt, der dem verschuldeten Mitarbeiter daraufhin nur noch die unpfändbaren Einkommensbestandteile auszahlen darf.

Was muss der Arbeitgeber tun?

Der Arbeitgeber muss dem Gläubiger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eine Drittschuldnererklärung zukommen lassen und erklären, ob er zur Zahlung der Forderung bereit ist. Zudem steht er in der Pflicht, den pfändbaren Einkommensanteil korrekt zu berechnen.

Wie reagiert der Arbeitgeber auf eine Lohnpfändung?

Die gesetzlichen Verpflichtungen bei einer Lohnpfändung bedeuten einen Mehraufwand für den Arbeitgeber. Kündigen darf er dem gepfändeten Arbeitnehmer aber nicht ohne Weiteres.

Was passiert mit der Lohnpfändung bei einem Arbeitgeberwechsel?

Die Lohnpfändung endet grundsätzlich mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Bei einem Arbeitgeberwechsel müssen Gläubiger daher eine erneute Pfändung beantragen.

Wie lange steht eine Lohnpfändung in der Schufa?

Wird die Lohnpfändung in die Schufa eingetragen, wird der Eintrag drei Jahre nach Begleichung der Schulden und Aufhebung der Pfändung gelöscht.

Wie viel darf gepfändet werden?

Die Höhe des pfändbaren Betrags richtet sich nach dem Nettoeinkommen und den Unterhaltspflichten des Schuldners. Die Pfändungsfreigrenzen sind in der regelmäßig aktualisierten Pfändungstabelle festgelegt.

Was tun bei einer Lohnpfändung?

Bei einer Lohnpfändung sollten Sie zunächst Ihren Arbeitgeber über alle Ihre Unterhaltspflichten informieren. Überprüfen Sie zudem Ihre Lohnabrechnungen genau. Es empfiehlt sich zudem, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, etwa durch eine Schuldnerberatung.

Kann der Lohn auch ohne Ankündigung gepfändet werden?

Nein. Gläubiger benötigen einen gültigen, vollstreckbaren Titel gegenüber dem Schuldner, der diesem zugestellt werden muss.

Kann man eine Lohnpfändung und eine Kontopfändung gleichzeitig haben?

Ja, Gläubiger dürfen grundsätzlich eine Doppelpfändung von Lohn und Konto anstrengen.

Photo by Christian Wiediger on Unsplash 

Schuldnerberatung Schulz: Oliver Schulz (Rechtsanwalt / Fachanwalt für Insolvenzrecht)
Oliver Schulz

Oliver Schulz ist seit 2010 Rechtsanwalt und hat sich als Fachanwalt auf das Rechtsgebiet Insolvenzrecht spezialisiert. Mit seiner Kanzlei Schulz & Partner führt er seit 2012 die Schuldnerberatung Schulz, die in mehreren deutschen Städten ansässig ist und Schuldnern dabei hilft, ihre Schulden durch einen außergerichtlichen Vergleich, eine Regelinsolvenz oder eine Privatinsolvenz loszuwerden und finanziell neu durchzustarten. Er ist u.a. Mitglied im HAV (Hamburgischer Anwaltverein e.V.) und im Norddeutschen Insolvenzforum Hamburg e.V.. Als ausgewiesener Experte gibt er Interviews, z.B. bei RTL Direkt (zum Thema SchuldnerAtlas 2023). Außerdem ist er als Gastautor aktiv, z.B. auf Unternehmer.de.

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